Merino Milch erzählt…

…so oder so ähnlich ist es passiert!

Berlin, du bist so wunderbar! 26. September 2007

Filed under: Sahne — merinomilch @ 13:42
Tags: ,

Die Nacht war kurz! Kirmes in Albernhausen… Ich habe kein Auge zu gemacht bis so gegen 3 Uhr morgens die letzten Bässe verklungen sind. Super! Jetzt kann ich ja noch gut und gerne ne volle halbe Stunde schlafen

Aufstehn, duschen, packen (oh Mann, die Wäsche ist ja noch batschnass… Naja, was solls, in Plastiktüten und ab in Koffer, Brote schmieren, anziehn (iiih, nasse Jeans, ist das ekelhaft… und kaaaaaaalt… naja, passt zum nassen Shirt und dem nassen Pulli und den nassen Socken und der nassen Unter…) da klingelts auch schon. Das muss Jörg sein…

Ich renne runter (wieso hab ich denn eigentlich tausend Taschen ) und seh in 4 verschlafene Gesichter. Na, denen gehts auch nicht besser als mir…

Moin, Moin, Hallo, Moin, Na, alles klar? Super, dann los. Innere Unruhe macht sich breit. Was hab ich mir nur dabei gedacht? Mit EDEN nach Berlin zum Benefitz der ADRA. Ich kenn doch diesen Haufen Leutz überhaupt nicht. Wenn das mal gut geht… Aber irgendwie ist da auch Vorfreude. Silke und ich quasseln seit der ersten Autosekunde ununterbrochen. Jörg runzelt die Stirn, trägts mit Fassung. Manchmal wundere ich mich über mich selbst…

Busbahnhof Witzstadt. Sind ja schon die meisten da. Da vorne Mama. Auch sie friert, guckt ängstlich. Oder müde. Wie ein kleines Häschen. Ich grinse, sag was Freches. Sie lacht. Schon besser. Oli wirkt irgendwie gestresst. Wasn los?? Hm. Ich frage lieber nicht. Bei den Kiddies ist die Stimmung gemischt. Manche kreischen vor Aufregung, purzeln durch den Bus auf der Jagd nach dem besten Platz. Andere sind müde. Verunsichert. Wie ich. Ich sehe noch einen Hasen. Maxi, wie ich später erfahre.

Der Busfahrer, sehr korrekt, verstaut vorbildlich das Gepäck im Bauch des Wals, äh Busses. Dann zu Mama: „Kann ich davon ausgehen, dass sie sich vom ordnungsgemäßen Zustand des Businnenraumes überzeugt haben?“ Mama lacht, schaut zu mir rüber und zwinkert dem Busfahrer zu, rammt ihm den Ellbogen in die Seite. Er reagiert nicht. Seine Miene eingefroren wie das komische Klohäuschen auf der anderen Straßenseite. Schaut sie nur an. Ihr Grinsen verrutscht ein wenig. Mit schiefem Köpfchen haucht sie „Was?“ „Ja, Frau Eden, wissen sie, Kinder zu befördern ist eine heikle Sache. Ich habe da schon Dinge erlebt… Es ist für alle besser, wenn sie mir vorher bestätigen, dass sich der Businnenraum in ta-del-lo-sem Zustand befand, bevor die – äh – Kinder eingestiegen sind… Andernfalls müsste ich bei der Rechnungserstellung später… sie verstehn?“ unausgesprochene Vorwürfe wie schmierige Kinderhände, unkontrolliertes Wasserlassen, spucken, kotzen, Kaugummi, Orangensaft – kurz mutwilliges Zerstören von Businnenräumen hängen in der eisigen Luft. Ihr Grinsegesicht erlischt völlig, sie beginnt gefährliche Funken zu sprühen. Ich spitze die Ohren um nichts zu verpassen, muss grinsen. Super! Ganz großes Kino schon zu dieser Uhrzeit. Das ist gut. Der Busfahrer steht da wie – naja, wie ein Busfahrer halt. Die Blitze, die aus Mamas Augen schießen, sprechen Bände: „MEINE Kinder machen keinen Dreck, HÖRR Busfahrer, MEINE Kinder sind anständige Kinder, HÖRR Busfahrer, es handelt sich hier schließlich nicht um eine Horde wilder Affen, HÖRR Busfahrer, sondern um MEINE Kinder, MEINE EDENKINDER! Das sind kleine KÜHÜNSTLER!“ das zumindest sagen ihre Augen. Ihr Mund murmelt häschenmäßig, „Ne, is gut, alles ok. Bus is supi…“ oder so ähnlich. Naja. Man kann nicht alles haben.

Wir steigen ein. Ich wuchte meinen Korb mit drei Kilo belegten Broten auf einen Sitz. Vor mir Mama. Auf dem Sitz neben ihr ein Korb mit drei Kilo belegten Broten. Wir schauen uns an und sagen synchron „Ich dacht du hättest nix dabei, da hab ich dir was mitgemacht.“ Aha, ok. Verhungern werd ich nicht. Zu diesem Zeitpunkt weiß ich noch nicht, dass die Brote nach einem nächtlichen Besäufnis ihren großen Auftritt noch haben werden…

Bus fährt los… Auf der Autobahn erste Fotos vom Sonnenaufgang, von der Landschaft, vom gesamten menschlichen Businhalt. Ich fühle mich immer noch wie ein Hase. Innerlich. Äußerlich Großkotz. Wie immer.

Ich häng mich über die Rückenlehnen nach vorn zu Mama. „Sach ma. Wo schlaf ich denn heut Nacht? Wohl nich bei euch im Zimmer… Da schlaf ich lieber bei den Blagen, dass sag ich dir gleich!“ „Neeeeeee, doch nicht bei uns, spinnst du! Ich denke mal, es ist das Beste, wenn du dir mit Trixie ein Zimmer teilst. Sie ist auch ohne ihren Mann da. Das passt ganz gut.“ „Trixie wer?“ ich schau mich um. Mamas Finger bohrt einen Wegweiser in die Luft. Wasss??? Die Holländerin??? Oh Mann! Das kann ja heiter werden… „Hmhmhm… ok, super, no Prob…, ich frach se…!“

Zwei Sitze diagonal nach hinten sitzt sie. Sieht ganz normal aus… Wie ein richtiger Mensch. Naja, vielleicht hab ich ja Glück. Sie lebt ja schließlich schon lang genug in unserem Kulturkreis. Da ist auch wieder das andere Häschen. Maxi. Aha, die Tochter. Sie schaut mich an. Lächelt ein bisschen. Blinzelt. Noch müde. Ich sympatisiere sofort. Kind, ich versteh dich. Ich kenn dich nicht, aber ich versteh dich. Ich bin wie du!

Zur Hasenmutter „Hi, ich bin die Mia, Gös Tochter, wir kennen uns glaub ich schon vom Hessentag.“ Ich grinse sie an. „Wenn ich das richtig verstanden habe, müssen wir wohl zusammen ins Zimmer“ Ich hätte fast Zelle gesagt *lol* „Dag, is bin de Trixie. Is denge son. Die Maxi is besdimmd mid die andere Meidse susamme in eine Simmer. Da können wir son uns susamme eine Simmer deilen. Is snarse auch nist!“ Sie lacht laut. Ich lache mit. Jetzt gefällt sie mir schon ganz gut.

Langsam wacht auch Jörg auf. Bis eben hat er alles im Halbschlaf erledigt. Fahren, ausladen, Patschehändchen schütteln, Platz suchen, Jetzt ist er wach.

Silke, Jörg, Trixie und ich quasseln, lachen, lästern und freuen uns auf Berlin. Ab und zu torkelt ein Kind zu uns nach vorn „Mamaaaaaaa, nimmst du mal meine Jacke, mirsowaaaaam…“ „Mamaaaaaaa, hast du noch Sahaaaft“ „Mamaaaaaaa geef me een koekje“ „Gördiiiiiiiii, hätten wir eintlich EDENschörts anziehn solln?“ „Mamaaaaaaa, gibsemeinejackewieda. Jetzt is mir doch kalt…“ Süß, die Blagen…

Jörg und ich schmieden eifrig Pläne, was wir alles Tolles unternehmen in Berlin. Nachdem wir die Kinder in die Betten gesteckt haben natürlich. Erwachsenenspaß nennen wir das. Silke grinst dazu und nickt. Wir hören es jetzt schon rufen, das Nachtleben Berlins. Dabei sind wir nicht mal aus Hessen draußen. Die Programmbesprechung wird jäh unterbrochen:

„Kcht – Guten Morgen, hier spricht ihr Busfahrer, Ich begrüße sie ganz herzlich an Bord des Turboliners Einhundert auf ihrer Fahrt von Witzstadt nach Berlin. Wir haben bereits eine durchschnittliche Geschwindigkeit von 180 Kilometern pro Stunde erreicht. Bitte beachten sie deshalb unsere Sicherheitsvorschriften. Direkt über ihren Sitzen befindet sich der Knopf für die Klimaanlage sowie eine praktische Leselampe. In zirka 27 Minuten und 3 Sekunden werden wir die gesetzlich vorgeschriebene Fahrpause einlegen. Es steht ihnen frei während dieser Zeit die örtlichen sanitären Anlagen aufzusuchen. Sollten Sie jedoch nicht so lange warten können, haben sie hier im Bus die Möglichkeit zollfrei auf die Bordtoilette zu gehen. Ich wünsche ihnen eine angenehme Fahrt – Kcht“

Ich schaue unauffällig aus dem Fenster, suche die Tragflächen. Nein, es ist immer noch ein Bus. Hm…

27 Minuten und 3 Sekunden später lullert der Bus auf die Raste. Ich schäle mich aus dem Sitz. Alles klebt, meine Klamotten sind immer noch nass. „Früher haben wir uns mit den Jeans in die kalte Badewanne gelegt, dass die Jeans schön eng wurden. Das fand wir dufte damals“ Das hat die Mama mal erzählt als ich ungefähr zehn war Damals fand ichs cool. Aber jetzt nur noch eklig.

Von den Kids wird Traditionsschokolade in rauhen Mengen angeschafft. Trixie und ich holen uns „lekker“ Kaffe. Irgendjemand findet eine lustige Karte auf der Gös Name steht. „Traudel“ *lol* Wir kaufen sie. Gö kommt angehoppelt. Trixie lässt die Karte verschwinden und Gö steckt mir einen seltsamen Bon zu. Wertmarke. Ach so, klar. Wir sind ja jetzt in der DDR. Sie erklärt mir was von Klo und Kasse und Kaffe. Trixie sagt der Kaffe sei bereits bezahlt. Meine Mama nickt, schnattert weiter vom Klo. Ich höre zu aber verstehe nichts. Will meine Mama, dass ich meinen Kaffe aufm Klo trinke? Lieber nicht fragen. Ich lasse das Essensmarkenthema an mir vorbeirauschen. Dann wieder in den Bus.

Mit meinen Fragen wann denn endlich die Grenze kommt oder ob ich die verpasst hätte sorge ich für allgemeine Belustigung die nur noch durch Nils-Imitationen zu toppen ist. Oli und ich machen DDR Witze. Wir sind ziemlich gut!

Schnell bequatschen Mama und ich den Zimmerbelegungsplan und geben allen mitreisenden Erwachsenen lustige Decknamen. Wir kringeln uns! Ab da heißt Trixie Schokolinchen und ich Nils.

Dann endlich Berlin. Wir landeiern die A115 Richtung Innenstadt, biegen dann staunend auf die Spanische Allee ab. Kurz durch Zehlendorf gezuckelt, da ist schon die Jugendherberge. Schöööööööön!

Dann reingestürmt! Die Kiddies noch nicht. Aber Mama und ich. Nach einer end-lo-sen Diskussion mit den Herbergsleutchen, die ich übrigens bis heute nicht verstanden hab, Mama allerdings schon, kriegen wir einen wirklich riesigen Ring mit einer halben Million Zimmerschlüssel dran. Mama und ich suchen uns zwei Zimmer aus, direkt nebeneinander mit Verbindungstür. Wir finden uns wahnsinnig gerissen. Später stelle ich fest, dass alle nebeneinander liegenden Zimmer diese Verbindung haben. Auf dem gleichen Flur das Jungszimmer, Wand an Wand mit Oli, dem Armen, Jörg und Silke mit den anderen auf dem zweiten Flur. Heute Nacht wird sich noch herausstellen, dass das eine wirklich glückliche Fügung für die Anderen war. Für uns, Mama und Papa so wie Oli, Schokolinchen und mich eher nicht. Denn so werden nur wir in den Genuss des ohrenbetäubenden Feueralarms mitten in der Nacht kommen. Auf dem anderen Flur schläft man derweil den Schlaf der Gerechten. Dietmar, Keeper of the seven(thousend) Keys, verteilt die Schlüssel und alle schleppen fröhlich quiekend ihre Koffer auf die Zimmer. Die Mädchen beziehen ihre Betten selbst, sehr vorbildlich. Bei den Jungs schau ich rein, eher aus Neugierde. Tim ist fast fertig, auf seinem Bett eine mystische Mondlandschaft. Aber immerhin die Decke IM Bettbezug. Das bringt ihn auf jeden Fall ganz weit nach vorne. Hannes versucht alle vier Ecken der Matzratze irgendwie gleichzeitig unter ein Laken zu kriegen. Mario hat sich von seinem Deckenbezug in einen unfairen Kampf verwickeln lassen. Ist er doch selbst nicht größer, als die angreifende Textilie. Ich schreite ein und werfe den Gegner zu Boden. Nach kurzem aber heftigem Kampf Seite an Seite mit mir besiegen meine Männer die feindlichen Truppen ohne selber große Verluste hinnehmen zu müssen. Erschöpft aber stolz schauen wir auf die vier Bubenbetten. Was für ein Tag!

Zurück in meinem Zimmer. Ich hab grade noch Zeit, meine nasse Wäsche aus dem Koffer zu holen und überall aufzuhängen. Hoffentlich ist sie bis morgen trocken. Mein Bett hat Schokolinchen schon bezogen. So ne liebe!

Aber jetzt schnell wieder ab in Bus, zum Veranstaltungsort. Dort angekommen weiß keine Sau etwas von irgendeinem Auftritt. Mama hat keine Händienummer von irgendeinem Ansprechpartner dabei, so müssen wir wieder unverrichteter Dinge abzuckeln… Auch Recht… Bleibt nur zu Hoffen, dass morgen alles hinhaut… Was es dann ja auch tat :-)!

Also weiter in die Innenstadt, an der Kreuzung raus ausm Bus und ab Richtung Sonycenter. Davor eine riesige Giraffe: „Hallo liebe Kinder, schön dass ihr da seid. Ich bin die große Legogiraffe und hinter mir seht ihr das Sonycenter. Wenn ihr einmal nicht mehr weiterwisst und es scheint, als ginge alles schief, kommt getrost zu mir, ich weise euch den Weg!“ Das hätte sie wahrscheinlich gesagt, wenn sie sprechen könnte. Kann sie aber nicht. Diese schon mal gar nicht, denn sie war aus Lego. Trotzdem entschied Mama, dass dies der allgemeine Treffpunkt für alle wären die jetzt lieber allein losziehen und nicht bei der Gruppe bleiben wollten. „…und zwar um neun! Einundzwanzichuhr! Haddas jeder verstanden?“ „Jaaaaaaaa!“ „Also bis heut Abend“

Rein ins Sonycenter, so viele Stühle ein dusseliges Cafe neben dem anderen. „Was machen wir denn jetzt?“ „Ich will zum Reichstag!“ „Viel wichtiger ist die Frage, wohin wollen wir denn jetzt?“ „Ich will zum Reichstag!“ „Nein, erst müssen wir klären, wie wir da hinkommen wo wir hinwollen wenn wir wissen wo wir hinwollen um da das zu machen was wir machen wollen!“ „Ich will zum Reichstag!“ „Ne, dass müssen wir nich klären. Mit der 100!“ „Ich will zum Reichstag!“ „Wie mit der 100??“ „Ich will zum Reichstag!“ „Wohin fährt denn die 100??“ „Ich will aber zum Reichstag!“ „Die 100 führt überall hin“ Aha. „Auch zum Reichstag?!“ „Neee, wir wollen nicht zum Reichstag, da waren wir schon…“ Alles sehr verworren… „Is muss ersmal su die Geldaudomat!“ Super Idee! Raus ausm Sonycenter. Jörg, Trixie und ich suchen den nächsten Geldautomaten. Das kann ja wohl nicht so schwer sein… „Ob die immer noch diskutieren wenn wir zurückkommen?“ „Mit Sicherheit“ „lol“

Wieder zurück bei Silke und den Blagen: „Mamaaaaaaa, zij don’t willen naar Reichstag. Maar ik wil in elk geval aan Reichstag!!!!“ das Häschen war den tränen Nahe „Wassn los?“ „Die wollen nicht zum Reichstag, aber ich will unbedingt dahin!“ Na, dass wollen wir doch mal sehen! „Was ist denn los, Mädels, wieso wollt ihr denn nicht mit Maxi zum Reichstag??“ „Wir wollen wo ganz anders hin…“ „Ja, könnt ihr denn nicht beides machen? Die Maxi will doch so gerne“ „Nein, wir waren aber schon mal am Reichstag“ „Ja, das macht doch nix, Mädels. Das kann man sich ruhig öfter ansehen. Wie wär das: Ihr geht mit Maxi zum Reichstag und dafür fährt sie dann mit euch dahin wo ihr hinwollt. Das ist dochn Deal…“ „NEIN, wir haben den Reichstag schon geseheeeen und wollen nicht dahihiiin!“ Jetzt hab ich aber die Faxen dicke „Maxi, ab Marsch zu deiner Mutter. Ich werde später mit dir zum Reichstag fahren.“ Kannjawohlnichwahrsein… Ich hab den Reichstag schon gesehn… was ist das denn fürn Argument… Ich kenn Leute, die ham auch schon mal ne Disco gesehn und rennen trotzdem wie die bekloppten jedes Wochenende wieder hin… Was solls…

Papa hat sich bereits erfolgreich abgeseilt „Ersma irgnswo sitzen undn Kaffe…“ und Mama mit ihm. So ists Recht. Die anderen stehen immer noch und diskutieren. Kurzes tuscheln mit Jörg und die Würfel sind gefallen: Wir schlurfen einfach mal los: Jörg, Silke und ich, Mario natürlich, ist ja ganz klar und Schokolinchen mit ihrem Hasen.

Eine absolute Eliteeinheit macht sich auf, Berlin zu unterwerfen…

Zu sechst in einer Fotobox? Jaaaa, das geht!

 

Hinterlasse einen Kommentar